Junioren-Weltmeisterschaft in Kanada vom 20. – 24. August 2025 – Extreme Herausforderungen im Vorfeld
Diszipliniert, konzentriert und nervenstark holte der 16-jährige Simon Moritz den Weltmeistertitel am Compound Bogen.
Ein Streik bei der Fluglinie verzögerte die Anreise, viele Teams kamen zu spät, der gesamte Zeitplan musste kurzfristig angepasst werden. Dazu erschwerten Regen und starker Wind die Wettkämpfe. Schon vor dem ersten Schuss war die Belastung für alle Athletinnen und Athleten enorm. Für Simon Moritz kam eine schmerzhafte Sehnenentzündung am Fuß sowie Schlafmangel hinzu. Umso bemerkenswerter war es, wie konzentriert und fokussiert er trotz dieser Widrigkeiten auftrat. Mit beeindruckender Nervenstärke kämpfte er sich durch die Runden – und krönte sich schließlich zum U-18-Weltmeister am Compoundbogen.
Und dann geschah etwas, das man bei ihm nur selten sieht: Der sonst so ruhige Simon Moritz brach nach dem engen Finalsieg mit 139:130 Punkten in sichtbare Emotionen aus. Winnipeg wurde damit Schauplatz eines sportlichen Höhepunkts voller Überraschungen, technischer Herausforderungen und mentaler Stärke – und markiert vorerst den größten Triumph in seiner noch jungen Karriere.
Interview mit Simon – Weltmeister im Compoundbogen
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu diesem phänomenalen Sieg. Kannst Du mir kurz erzählen, wie Du diesen besonderen Moment erlebt hast?
Ich bin eigentlich kein Rampenlichttyp. Aber auf der Treppe zu stehen, die Atmosphäre zu spüren – mit Trainern, Team und Mitstreitern – das war schon genial.
Wann war Dir klar, dass Du tatsächlich Weltmeister geworden bist?
Als nach dem letzten Schuss Marcus (Anmerkung: Marcus Laube Disziplinverantwortlicher neben Bundestrainer Holger Härtken) aufsprang und gratulierte. Unfassbar! Eigentlich habe ich es immer noch nicht ganz realisiert, eine Flut von Eindrücken. Erst langsam wird mir das Ausmaß meines Erfolges bewusst, vor allem dann, wenn ich immer wieder die Bilder und die Videos ansehe.
Wie sah Deine Vorbereitung konkret aus?
Normalerweise dreimal bis viermal Training pro Woche. Aber die Woche davor habe ich keine großen Einheiten mehr gemacht.
Wer hat Dich in dieser Zeit am meisten unterstützt?
Ganz klar meine Eltern und mein Trainer Florian Stadler vom TSV Natternberg.
Du bist als Siebter in die Finalrunde gestartet. Mit welchen Erwartungen bist Du nach Kanada geflogen?
Ich war ganz gelassen. Wollte einfach schauen, was auf mich zukommt – Hauptsache, nicht blamieren. Mein Trainer Florian Stadler meinte, ich hätte „Welpenschutz“ und solle einfach Spaß haben.
Und dann im Finale gegen den topgesetzten Hector McNeilly – wie bist Du so konzentriert geblieben?
Zunächst blieb ich erstaunlich gelassen. Wir haben uns unmittelbar davor sogar unterhalten und gut verstanden. Ich hätte ihm den Sieg auch gegönnt.
Dann kam die Schlüsselszene im Finale: Bei starkem Wind verfehlte der favorisierte Gegner die Scheibe. Wie hast Du reagiert?
Mein erster Gedanke war: Hoffentlich passiert mir nicht dasselbe. Ich habe mich dann bewusst nur auf meinen Rhythmus konzentriert – ein Schuss nach dem anderen.
Wie wichtig ist mentale Stärke im Bogenschießen?
Man darf sich einfach nicht aus der Ruhe bringen lassen. Pro Schuss hat man ein Zeitlimit von 20 Sekunden. Wenn die Trainer merken, es könnte knapp werden, zählen sie laut die letzten Sekunden runter. Im Finale beim vorletzten Schuss habe ich tatsächlich erst bei „eins“ geschossen und eine Acht erzielt.
Vor dem letzten Schuss. Kannst Du den Moment noch kurz beschreiben?
Plötzlich schossen mir Gedanken durch den Kopf, dass etwas schiefgehen könnte – dass mein Release versagt oder der Pfeil unkontrolliert herunterfällt. Szenarien, die im Wettkampfalltag so gut wie ausgeschlossen sind, doch in diesem entscheidenden Moment war die Nervosität riesig, der Druck enorm. Umso größer die Erleichterung, als der letzte Pfeil sicher im Ziel steckte. Einfach der Wahnsinn. Und dann prasselten die Glückwünsche auf mich ein – von den Trainern, Teamkollegen, Sportkollegen und -kolleginnen. Eine unglaubliche Gemeinschaft!
Mit wem hast Du die Nachricht zuerst geteilt?
Erst Stunden später im Hotelzimmer habe ich mit meiner Familie telefoniert. Und mich dann später um alle Nachrichten auf WhatsApp und anderen sozialen Medien gekümmert.
Deine Eltern und deine Familie konnten ja nicht live dabei sein in Kanada. Wie haben sie deinen Sieg mitverfolgt?
Wir waren in ständigem Kontakt. Und das Goldfinale wurde von WorldAchery übertragen und sie konnten mich beim Public Viewing beim TSV Natternberg live mitverfolgen.
Und Mama Steffi Moritz ergänzt:
Da die Athletinnen und Athleten nicht von ihren Familien begleitet werden durften und wir bis Freitag noch im Urlaub waren, haben wir das Viertelfinale unterwegs an einem Rastplatz in Frankreich auf dem Handy verfolgt – gerade dort, wo wir Netz hatten. Das Viertelfinale war echt spannend. Der reinste Horror! Das Gold-Finale hingegen haben wir anschließend gemeinsam mit Familie, Vereinsmitgliedern und Freunden mitgefiebert. Nach dem Fehler des Finalgegners war uns sofort klar: Wenn er jetzt durchzieht, gewinnt er.
Wie habt ihr in Kanada den Titel gefeiert?
Am Abend sind wir gemeinsam mit Bundestrainer und dem Team ins Steakhouse gegangen und haben es uns gutgehen lassen.
Und wie war der Empfang zu Hause?
Sehr emotional! Ich habe mich riesig gefreut! Ich hatte ja keine Ahnung, dass Familie, Freunde und viele Vereinskollegen und -kolleginnen am Bahnhof am Montag in Plattling auf mich warteten. Allerdings war ich auch extrem müde und erschöpft – nach 20 Stunden Flug und Bahnreise unterwegs. In Frankfurt wäre ich fast noch am Zug gescheitert, so viel Gepäck, so knapp die Zeit. Ehrlich: Die Reise war anstrengender als die ganze WM. Und am Mittwoch der Empfang im Rathaus Oberschneiding und der Eintrag ins Goldene Buch hat mich auch sehr bewegt und stolz gemacht.
Was fasziniert Dich am Compoundbogen?
Die Eleganz – und die ganze Technik, die dahintersteckt.
Hast Du sportliche Vorbilder?
Ja, mein Trainer Florian Stadler, der selbst Vizeweltmeister ist. Und natürlich meine Familie, die auch beim Stockschießen und Luftgewehrschießen aktiv ist. Das Thema Präzision und Genauigkeit begleitet uns alle.
Nach dem Weltmeistertitel – welche Ziele hast Du nun?
Einfach weitermachen, auch auf internationaler Ebene. Nächsten Freitag steht schon wieder die Meisterschaft in Wiesbaden an. Und 2028 wird Compound olympisch – im Mixed Team. Wer weiß, vielleicht bin ich ja dabei.
Welcher Moment bleibt Dir unvergesslich?
Ganz klar: der letzte Pfeil. In dem Moment als ich den Auslösehebel losließ, wusste ich – jetzt habe ich es geschafft! Jetzt bin ich Weltmeister!
Zur Person: Simon Moritz
- Geburtsjahr: 2008
- Alter: 16 Jahre
- Wohnort: Oberschneiding (Niederbayern)
- Verein: TSV Natternberg e.V.
- Disziplin: Compound-Bogen
- Erfolge:
- 2024: Deutscher Meister in der Halle
- 2025: Bayerischer Meister in München und zugleich deutscher Rekord mit 703 Punkten
- 2025: U-18-Weltmeister bei der Jugend-WM in Winnipeg (Kanada)
- Halbfinalsieg 140:130 gegen Tzu Hsiang Yen (Taiwan)
- Finalsieg 139:130 gegen Hector McNeilly (Neuseeland)
Der Heimatverein der TSV Natternberg e.V. im Interview
Der TSV Natternberg verfügt seit vielen Jahren über eine eigene Leistungsabteilung, die von Florian Stadler und einem engagierten Trainerteam geleitet wird. Mit bis zu fünf Trainingseinheiten und 15 Stunden Betreuung pro Woche bildet diese Arbeit die Grundlage zahlreicher Erfolge: darunter acht Deutsche Meistertitel im Feldbogen, vier Titel in der Halle sowie internationale Medaillengewinne.
Diese Leistungen sind nur dank des großen ehrenamtlichen Einsatzes im Verein möglich – gleichzeitig freut sich die Abteilung Bogen über jede zusätzliche Unterstützung. Ein Schwerpunkt liegt auf der Nachwuchsförderung, wobei der Einstieg in den Sport in jedem Alter möglich ist.
Ein aktuelles Beispiel für erfolgreiche Förderung ist Simon Moritz, der Ende 2023 zum Verein kam und im Compoundbereich intensiv betreut wird. Mit Fleiß, Motivation und gezielter Unterstützung durch seinen Trainer Florian Stadler konnte Simon bereits den Deutschen Meistertitel in der Jugendklasse in der Halle gewinnen und seine Entwicklung beeindruckend fortsetzen!



Konzentration!

Geschafft!


Der Pfeil ist im Ziel. Der sonst so ruhige Simon Moritz brach nach dem Finalsieg in sichtbare Emotionen aus.

Die Jugendweltmeisterschaft im Bogenschießen in Winnipeg/Kanada.


Herzlicher Empfang des Weltmeisters am Bahnhof Plattling!

Regen und Wind erschwerten die Wettkämpfe.

Eine tolle Teammannschaft gratuliert dem Sieger!


Simon Moritz (Mitte) ist Weltmeister vor Hector McNeilly aus Neuseeland und Tzu Hsiang Yen aus Taiwan!


Ein erfolgreiches Duo: Mentor und Trainer Florian Stadler mit dem U18 WM Sieger Simon Moritz!