Ein geplantes Industrie- und Gewerbegebiet in Siebenkofen erhitzt derzeit die Gemüter in Oberschneiding – das zeigte sich auch bei der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend. Fast 40 interessierte Bürger verfolgten zwei Stunden lang die Vorstellung des ersten Planentwurfes. Nicht nur die Gemeinderäte, auch die Zuhörer stellten zahlreiche Fragen. Kritisiert wurde – sowohl von den Befürwortern als auch von den Gegnern – der Umgang miteinander.
„Es ist erfreulich, dass ausnahmsweise so viele Zuhörer da sind. Das zeigt, dass Sie sich dafür interessieren und Informationen aus erster Hand bekommen wollen.“ Mit diesen Worten begrüßte Bürgermeister Ewald Seifert am Abend die rund 40 Bürger. Ob er sich auch nach der Sitzung noch gefreut hat, ist fraglich – denn entspannt war sie nicht.
Seifert: Fläche an der B 20 war von Anfang an für ein Gewerbegebiet vorgesehen
Gerald Eska vom Landschaftsarchitekturbüro Eska stellte zum ersten Mal einen Entwurf für das geplante Gewerbe- und Industriegebiet vor. Demnach soll das 16,5 Hektar große Areal in drei Teile gegliedert werden: Im Osten, direkt an der Bundesstraße 20, könnte ein Industriegebiet entstehen. In der Mitte sei ein Gewerbegebiet geplant und im Westen ein Gewerbegebiet mit Beschränkungen. Die Beschränkungen beziehen sich laut Eska auf die Emissions-Grenzwerte – etwa für Lärm und Geruch. Sie sollen im westlichen Teil genauso streng sein, wie in einem Dorf.
Bereits vor einem Jahr hat die Gemeinde ein Teilstück des Areals erworben: die rund vier Hektar große Fläche entlang der B 20. Wie Bürgermeister Seifert am Mittwoch mitteilte, sei von Anfang an geplant gewesen, dort ein Gewerbegebiet auszuweisen. Allerdings ist erst seit der Gemeinderatssitzung vom 12. April so richtig klar, dass das nicht ganz einfach wird. Laut dem Landesentwicklungsplan müssen Gewerbegebiete nämlich direkt an eine Ortschaft angebunden sein – und das ist bei der genannten Fläche nicht der Fall.
Wie Seifert in der Sitzung informierte, gibt es laut der Regierung von Niederbayern nun zwei Möglichkeiten: Entweder werden nur große Betriebe, mit einem Flächenbedarf von über 30 000 Quadratmetern angesiedelt – dann ist keine Anbindung notwendig. Oder die Gemeinde nutzt das komplette Gebiet zwischen der B 20 und Siebenkofen als Industrie- und Gewerbegebiet und stellt so die erforderliche Anbindung her. Weil die Gemeinde laut Seifert keine Großbetriebe ansiedeln will, plant man jetzt die Anbindung.
Das Paradoxe daran ist: Die Fläche muss lediglich als Industrie- und Gewerbegebiet geplant werden. Ob die dafür notwendigen Grundstücke tatsächlich im Besitz der Gemeinde sind, spielt für die Genehmigung überhaupt keine Rolle. Theoretisch kann es also passieren, dass auf der vier Hektar großen Fläche entlang der B 20 Betriebe angesiedelt werden, eine tatsächliche Anbindung an Siebenkofen aber nicht erfolgt, weil die Grundstückseigentümer nicht verkaufen.
Gegner befürchten, dass es nicht bei den vier Hektar bleiben wird
Die Gegner des Projekts, wie etwa Gemeinderätin Dr. Cora Nothnagel, glauben, dass die Gemeinde die notwendigen Flächen doch irgendwann bekommt. „Das ist jetzt ein Anfang – wenn das Gewerbegebiet da ist, wird es wachsen und wachsen.“ Außerdem befürchtet sie, dass die ersten Planungen allzu schnell geändert werden könnten – dass etwa die Emissions-Grenzwerte verändert werden oder aus einer Gewerbe- doch eine Industriefläche wird. Seifert bestätigte auf ihre Nachfrage, dass solche Änderungen prinzipiell möglich sind. Er betonte aber, dass der Gemeinderat sehr sorgfältig auswählen werde, welche Betriebe angesiedelt werden. „Wir nehmen nicht alles, nur weil es Geld bringt.“
Nicht alle Bürger, die der Sitzung beiwohnten, stimmte das versöhnlich. „Ist denn unser bestehendes Gewerbegebiet schon ausgelastet?“, wollte einer wissen. Laut Seifert sind fast alle Flächen bebaut. Für einige gebe es außerdem Interessenten. „Die betrachte ich als vermarktet“, sagte er am Mittwoch. Übrig bleiben zwischen 5 000 und 8 000 Quadratmeter. Eine Erweiterung sei nicht möglich, weil keine der angrenzenden Flächen erworben werden könne. Ein anderer Zuhörer wollte wissen, wie hoch sich die Gemeinde verschulden würde. Seifert erwiderte, dass es noch keine spruchreifen Zahlen gebe. „Sie können doch jetzt nicht sagen, dass sich der Gemeinderat noch gar nichts überlegt hat“, war die entrüstete Reaktion auf diese Antwort.
Die Stimmung im Raum zeigte, dass es für einige Bürger mittlerweile um mehr geht als nur um das Gewerbegebiet. Mehrere Gemeinderatsmitglieder warfen sich gegenseitig Unsachlichkeit vor. Die Bürger beschwerten sich über den unangenehmen Umgangston, der in der Gemeinde herrsche. Die Befürworter halten den Gegnern vor, die Fakten zu verdrehen. Einige Gegner wiederum berichten von offenen Anfeindungen.
Ob es ein Bürgerbegehren gibt, entscheidet sich in rund zwei Wochen
Seifert sprach auch das geplante Bürgerbegehren an: Mehrere Oberschneidinger hatten im Mai über 700 Unterschriften gesammelt, um einen Bürgerentscheid zu initiieren. Die Listen liegen derzeit im Rathaus und werden geprüft. „Beim ersten Durchblättern ist schon aufgefallen, dass einige doppelt drin stehen“, sagte Seifert am Mittwoch. Er gehe allerdings davon aus, dass trotzdem genug Unterschriften vorliegen. Ob es einen Entscheid gibt, werde sich etwa in zwei Wochen zeigen.
Laut Seifert könne man aber nicht abstimmen, wenn kein vernünftiger Vorschlag vorliegt, deshalb gehen die Planungen vonseiten des Gemeinderates weiter. „Ich denke, dass wir vielleicht in der übernächsten Sitzung wieder über das Industrie- und Gewerbegebiet reden werden.“ Im Anschluss soll die vierwöchige, öffentliche Auslegung erfolgen.
Bericht von Frau Menauer vom Straubinger Tagblatt (Diese Bericht ist auch Straubinger Tagblatt erschienen)