Schwierige und turbulente Zeiten für Landwirte
Auch beim Bauernjahrtag in Oberschneiding war der Frust über immer schlechter werdenden agrarpolitischen Rahmenbedingungen deutlich spürbar. Ständig neue Auflagen und Vorschriften seien nicht nur praxisfremd, sondern für viele Betriebe existenzbedrohend. Viele Landwirte fürchten eine drastische Änderung der Betriebsstrukturen in der Landwirtschaft. Neben den Neuwahlen stand ein Vortrag von Andreas Liebl vom Amt für Ernährung und Landwirtschaft in Straubing im Mittelpunkt, der die neuesten Regelungen zur Düngeverordnung und zu den Gewässerrandstreifen beleuchtete.
Vorsitzender Stefan Plendl konnte zum 158. Jahrestag des Bauernhilfsvereins Oberschneiding neben zahlreichen Vereinsmitgliedern auch Gäste aus Kirche, Politik, Wirtschaft und der Geschäftswelt begrüßen. Der Tag begann traditionell mit einem Gottesdienst zum Gedenken an die verstorbenen Mitlieder, der von Pfarrer Dr. Peter Maier zelebriert und vom Kirchenchor Oberschneiding unter der Leitung von Evi Grill feierlich umrahmt wurde. In der heutigen Gesellschaft sei die „Sonderangebotsmentalität“ sehr verbreitet, so Pfarrer Dr. Peter Maier in seiner Predigt. Dabei müsse aber jeder Einzelne Verantwortung übernehmen, auf das Ganze schauen und nicht nur auf den anderen zeigen.
Im Gasthaus Krinner fand im Anschluss daran die Jahreshauptversammlung statt. Plendls besonderer Gruß galt der stellvertretenden Landrätin Barbara Unger, Bürgermeister Ewald Seifert, Josef Hiergeist, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Martin Krinner, Geschäftsführer des Maschinenrings Straubing, Andreas Liebl vom Amt für Ernährung und Landwirtschaft in Straubing (AELF) sowie Ehrenvorstand Josef Brunner. Im vergangenen Jahr beteiligte sich der Bauernhilfsverein wieder mit erfreulich vielen Mitgliedern an verschiedenen Veranstaltungen im Gemeindebereich. Derzeit beziffere sich der Mitgliederstand auf 122 aktive Mitglieder und 26 Ehrenmitglieder, 7 Mitglieder seien im letzten Jahr verstorben. Auch heuer wurde wieder die Kollekte für die Renovierung des Jugendheimes verwendet. Vereinsschatzmeister Martin Langgartner gab dann einen Überblick über die Einnahmen und Ausgaben und berichtete von einem zufriedenstellenden Kassenstand. Er forderte die Mitglieder auf, in Zukunft vom Bankeinzug der Mitgliedsbeiträge Gebrauch zu machen.
Neuwahlen
Bei der anstehenden Neuwahl wurde die gesamte Vorstandschaft im Amt bestätigt. Der Bauernhilfsverein Oberschneiding setzt sich auch in den nächsten 3 Jahren zusammen aus dem ersten Vorstand Stefan Plendl, dessen Stellvertreter Hans Brunner und Stefan Zellmer, dem Schatzmeister Martin Langgartner sowie dem Schriftführer Gregor Köring. Als Ortsvertreter bzw. Beisitzer agieren Robert Böck, Josef Stegbauer, Franz Dummer, Franz Krinner, Andreas Krinner, Ruppert Kiermeier, Franz Geiger und Josef Krinner. Das Amt der Kassenprüfer üben Franz Krinner und Josef Stegbauer aus. Vereinsdiener bleibt weiterhin Franz Tischler und Fahnenjunker Hans Grüll.
Stellvertretende Landrätin Barbara Unger führte aus, dass die Gesellschaft im tiefgreifenden Wandel sei. Klimaschutz und Artenschutz stehen derzeit groß im öffentlichen Interesse. Trotzdem dürfe dabei die Landwirtschaft nicht unter Generalverdacht gestellt werden. Insbesondere sei auch der Verbrauer gefragt, denn dieser „predigt vielfach Wasser und trinkt Wein!“ Die Landwirte seien gut ausgebildete Fachkräfte und verdienen unser aller Wertschätzung! Denn die moderne Landwirtschaft setze auf die Entwicklung nachhaltiger Verfahren, arbeite wirtschaftlich und sei sich sehr wohl ihrer Verantwortung bewusst. Und ganz nebenbei löse sie auch noch die Ernährungsfragen unserer Gesellschaft.
Für Bürgermeister Ewald Seifert habe die Landwirtschaft von jeher eine herausgehobene Bedeutung in der Gemeinde Oberschneiding. Erst kürzlich wurde – auf seine Initiative hin – grünes Licht von der Bayerischen Staatskanzlei dafür gegeben, künftig die Ausgleichsflächen bei Ausweisung eines neuen Baugebietes vom Landwirt nicht mehr anzukaufen, sondern mit dem Landwirt einen langfristigen Bewirtschaftungsvertrag abzuschließen. Außerdem werde bei jedem Bauplatzverkauf im Grundbuch eine Dienstbarkeit eingetragen, die die Duldung von Lärm, Staub etc. aus der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Käufer gewährleistet und zugleich dem Neubürger die Wertschätzung der Landwirtschaft ins Bewusstsein ruft.
Der Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Josef Hiergeist sprach der Gemeinde Oberschneiding mit ihrem Bürgermeister Ewald Seifert ein großes Lob für innovative und vorausschauende Ideen in Sachen Landwirtschaft aus. In Bezug auf Europa forderte er vernünftige einheitliche Zulassungsverfahren und Verordnungen, die praxistauglich seien. Ebenso wichtig sei seiner Meinung nach auch der Zusammenhalt unter den Landwirten und der Dialog mit den Verbrauer, der Wirtschaft und der Politik.
Neue Düngeverordnung
Über die Auswirkungen der neuen Düngeverordnung in der Praxis klärte im Anschluss Andreas Liebl vom Amt für Ernährung und Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Straubing auf. Dabei ging er zunächst ausführlich auf die bereits seit 2017 geltende Düngeverordnung und auf die geplanten Neuerungen ein. Landwirte in Gebieten mit einer Nitratbelastung von über 50 mg Nitrat je Liter im Grundwasser (sogenannte „rote Gebiete“) müssen zusätzliche Anforderungen erfüllen.
In Bayern fällt rund ein Fünftel der Landesflächen unter diese Grenze, auch weite Teile des Landkreises Straubing-Bogen sind als rotes Gebiet eingestuft. Für die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe bedeute dies zusätzliche Vorgaben und strengere Düngeregeln. Allerdings meldeten in der Versammlung die Landwirte ernsthafte Zweifel an der Aussagekraft der Nitratmessungen in Deutschland an.
In den roten Gebieten müssen die Landwirte für alle Feldstücke ihres Betriebes drei zusätzliche Auflagen einhalten. Der verfügbare Stickstoff im Boden muss jährlich untersucht werden, organische Düngemittel inklusive Gärreste sind vor dem Aufbringen auf Gesamtstickstoff zu untersuchen und ein erhöhter Gewässerabstand bei stark geneigten Flächen ist einzuhalten.
Liebl appellierte an die Versammlung, den engen Zeitplan der zu erwartenden Neuerungen nicht aus den Augen zu lassen. Gleichzeitig forderte er auch die Anwesenden auf, die Gerätschaften zu prüfen. So seien z.B. ältere Sägeräte nicht mulchsaattauglich, wenn in Zukunft im roten Gebiet eine Zwischenfrucht vor einer Sommerung stehen müsse.
Drohende Strafgeld-Zahlungen aus Brüssel haben nämlich jetzt dazu geführt, dass auf die Bauern 2020 schon wieder neue und vermutlich deutlich schärfere Vorschriften zukommen. Nach den Plänen von Bundeslandwirtschaftsministerium soll u.a. künftig in roten Gebieten 20 Prozent weniger gedüngt werden dürfen. Positiv wurde die Ankündigung des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums aufgenommen, sich für eine praxisnähere Überarbeitung der Düngeverordnung einzusetzen.
Gewässerrandstreifen
Auch durch die Neuregelung für landesweit verpflichtende Gewässerrandstreifen mit weitgehenden Bewirtschaftungseinschränkungen entstehen rechtliche und wirtschaftliche Nachteile für zahlreiche Betriebe. Viele Landwirte fühlen sich auch dadurch bestraft, da sie seit Jahren auf freiwilliger Basis erfolgreich Gewässerschutz und Biodiversität betrieben haben.
Seit dem 1. August 2019 dürfen Bayerns Landwirte entlang von Gewässern einen fünf Meter breiten Streifen nicht mehr garten- und ackerbaulich nutzen. Dieses Nutzungsverbot wurde vom bayerischen Landtag ins Bayerische Naturschutzgesetz (BayNatSch) aufgenommen, nachdem das Volksbegehren „Artenvielfalt und Naturschönheit – Rettet die Bienen“ die Einrichtung von Uferrandstreifen gefordert hatte. Liebl machte darauf aufmerksam, dass die Abstandsflächen einzuhalten seien, wenn „ein Gewässerbett“ erkennbar sei. Verrohrungen zählen nicht zu den Gewässern. Der Abstand sollte dabei von der Böschungsoberkante gemessen werden. Zugleich appellierte er an die Landwirte bei Zweifelsfällen mit dem örtlichen Wasserwirtschaftsamt Kontakt aufzunehmen. Auch sprach er die manchmal unterschiedlichen Auffassungen zwischen Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium an.
Die neuen Vorgaben bedeuten weitere Herausforderungen für die Landwirte, sowohl aus pflanzenbaulicher als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Die Versammlung war sich einig, dass es auch – gerade im Hinblick auf die immer größer werdenden finanziellen Belastungen der Betriebe – in Zukunft für kleinere und mittlere Betriebe schwer werden wird zu überleben. Auch der „Wald an Verordnungen und Vorschriften“ werde immer größer und undurchsichtiger und die Begeisterung für den Beruf des Landwirts schwindet.
Auch Geschäftsführer des Maschinenrings (MR) Martin Krinner sicherte den Versammelten bei den neuesten Herausforderungen die vollste Unterstützung zu. Denn viele Landwirte werden in Ihrem Betriebsablauf Änderungen vornehmen müssen, um weiterhin unter den gesetzlichen Vorgaben wirtschaften zu können.
Am Ende der Versammlung wies Vorstand Stefan Plendl noch auf zwei Veranstaltungen in 2020 hin: Eine Besichtigung des landwirtschaftlichen Betriebs der Familie Lichtinger, der ein Spezialist auf dem Gebiet der Kartoffel- und Zwiebelvermarktung ist und die Teilnahme am Gründungsfest der FFW Oberschneiding.
Der Bauernhilfsverein stellt sich auf für die großen Herausforderungen in der Zukunft und für gemeinsame Lösungen im Dialog! Von links: Pfarrer Dr. Peter Maier, BGM Ewald Seifert, Josef Hiergeist (BBV), Andreas Liebl (AELF), Stefan Zellmer, Martin Langgartner, Hans Brunner, stellvertretende Landrätin Barbara Unger und Vorstand Stefan Plendl.
Text und Foto: Claudia Anzinger