Ungewöhnlicher Besuch in der Gemeindeverwaltung

2016 03 15 Handwerker Walz

Am Montag, den 15.02.2016, erhielten wir ungewöhnlichen Besuch in der Verwaltung der Gemeinde Oberschneiding. Caroline Köntges und Frederik Tscherbner, zwei Handwerker auf der Walz, statteten uns einen Besuch ab. Frau Köntges, gelernte Schneiderin, aus Dresden und Herr Tscherbner, gelernter Zimmerer, aus Burg in Dithmarschen fragten an, ob sie sich denn vorstellen dürften. Gerne empfing Bürgermeister Ewald Seifert die beiden und ließ sich erzählen, was man auf der Walz so alles erlebt und wie es einem so ergeht. Zum Abschied wünschten wir den beiden eine „Fixe Tippelei“, was so viel bedeutet wie ein schnelles Vorankommen!

Für alle, die genau so wenig über Handwerker wissen, wie wir, nachfolgend ein paar Infos:

Um als Fremdgeschriebener die Welt bereisen zu können, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Auf die Wanderschaft darf heute nur gehen, wer die Gesellenprüfung bestanden hat, ledig, kinderlos, schuldenfrei und unter 30 Jahre alt ist. Die Wanderschaft soll nicht als „Flucht“ vor Verantwortung missbraucht werden. Oftmals ist ein polizeiliches Führungszeugnis ohne Einträge erforderlich. Die meisten Schächte haben eine Altersbegrenzung. Manchmal ist auch die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft erforderlich.

Die Tippelei war und ist teilweise an schwierige Bedingungen geknüpft. So darf der Fremdgeschriebene in seiner Reisezeit einen Bannkreis von meist 50 km um seinen Heimatort nicht betreten, auch nicht im Winter oder zu Feiertagen. Er darf kein eigenes Fahrzeug besitzen und bewegt sich nur zu Fuß oder per Anhalter fort. Öffentliche Verkehrsmittel sind nicht verboten, aber verpönt. Reisen auf andere Kontinente per Flugzeug sind aber erlaubt.

Weiterhin muss er in der Öffentlichkeit immer seine Kluft tragen. Da ein Fremder oftmals auf die Unterstützung der Bevölkerung angewiesen ist (zum Beispiel bei der Suche nach Arbeit oder einem Schlafplatz), hat er sich immer ehrbar und zünftig zu verhalten, so dass der Nächste ebenfalls gern gesehen ist. Eine gepflegte Erscheinung erleichtert die Kontaktaufnahme und das Trampen.

All sein Hab und Gut, z. B. Werkzeug, Unterwäsche, Schlafsack, verstaut der wandernde Geselle in einem Charlottenburger („Charlie“) oder (seltener) in einem Felleisen, einem historischen Tornister der Schweizer Armee.

Im mitgeführten Wanderbuch sammelt der „Tippelbruder“ (was eher als Beleidigung gewertet wird, da dies auch Berber und Speckjäger bezeichnen kann) die Städtesiegel der von ihm besuchten Ortschaften, nachdem er bei deren Bürgermeistern „zünftig um das Siegel vorgesprochen“ hat. Das Wanderbuch ist in vier Sprachen verfasst und belegt den Verlauf der Wanderschaft. Die Wandergesellen sind alleine oder zu Zweit unterwegs. Es wird etwa im Rhythmus von vier Monaten gearbeitet und vier Monaten gereist.

Die Wanderschaft darf nur aufgrund wirklich zwingender Gründe und dann im Einvernehmen mit dem zuständigen Schacht abgebrochen werden, etwa bei einer schweren Krankheit. Andernfalls wäre eine Unterbrechung „unehrbar“, das Wanderbuch würde eingezogen und die Kluft „an den Nagel gehängt“. Wandergesellen, die ihre Wanderschaft „unehrbar“ beenden, werden als „Harzgänger“ bezeichnet.

Quelle: Wikipedia

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