Pfarrei Oberschneiding hat neuen Kirchenführer – Wissenschaftliches Seminar der Uni Regensburg

Von der Völkerwanderung bis heute

Pfarrei Oberschneiding hat neuen Kirchenführer – Wissenschaftliches Seminar der Uni Regensburg

„Ein Traum ist wahr geworden“ – so begrüßte Dr. Peter Maier viele Pfarrangehörige und Gäste aus nah und fern im Gasthaus Krinner, Oberschneiding. Im Rahmen einer kleinen Feierstunde stellte dort Dr. Johann Kirchinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Mittlere und Neue Kirchengeschichte der Universität Regensburg und Kreisheimatpfleger in den Altlandkreisen Straubing  und Mallersdorf den neuen Kirchenführer der Pfarrgemeinde vor.

Kirchinger erläuterte eingangs die Entstehungsgeschichte des Oberschneidinger Kirchenführers: Im Rahmen eines kirchengeschichtlichen Seminars im Wintersemester 2010/2011 sollten die Studenten einen Kirchenführer entwerfen. Sogleich sei nach einer geeigneten Pfarrgemeinde in der größeren Umgebung von Regensburg gesucht worden. Historisch interessant und von Regensburg aus gut erreichbar sollte sie sein. Die Wahl fiel auf die Pfarrgemeinde Oberschneiding mit der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt und den 6 Filialkirchen und Kapellen. In dem Oberschneidinger Pfarrer Dr. Peter Maier hatten die Seminarteilnehmer außerdem einen begeisterten Anhänger des Vorhabens und ein wertvollen Ansprechpartner gefunden.

4 Studentinnen – Julia Antony, Christina Ringer, Tanja Schuhbauer und Sophie Weigert – leisteten in den vergangenen Monaten wertvolle Forschungsarbeit: Chroniken, Manuskripte, Festschriften, Bücher, Pfarrakten, Pfarr-, Staatsarchive und das Bischöfliche Zentralarchiv wurden aufgearbeitet  und  Textvorlagen  verfasst. In Frau Johanna Mühlbauer hatte man zudem eine begeistert Fotografin gefunden, die die qualitativ hochwertigen Fotoaufnahmen dem Seminar unentgeltlich zur Verfügung stellte. Damit letztendlich der Kirchenführer jedoch verwirklicht werden und in Druck gehen konnte, konnten weitere Sponsoren mit ins Boot geholt werden. So hatten die Ernst-Pietsch-Stiftung Deggendorf (Förderung der Kultur, der Kunst und des Brauchtums im ostbayerischen Raum), die Sparkasse Niederbayern Mitte, die VR Bank Landau und die Gemeinde Oberschneiding mit ihrem BGM Herrn Ewald Seifert mit ihren Spenden zur Realisierung des „Gesamtkunstwerkes“ beigetragen.

Bajuwaren liesen sich nieder

Der Kirchenführer arbeitet detailliert die Geschichte der Pfarrgemeinde auf. Zur Zeit der Völkerwanderung ließ sich der Bajuware Snudo mit seinem Gefolge nieder und gab dem Dorf  den Namen „Snudinga“. Schriftlich erwähnt wurde Snudinga 790 in einem Güterverzeichnis der Abtei Niederalteich. Im späten Mittelalter entwickelte sich eine sog. Hofmark, ein Niedergerichtsbezirk, der von 1643 bis 1848 in Hand der Straubinger Patrizierfamilie Dürniz lag.  Der erste ortsansässige Pfarrer wurde allerdings erst im Jahr 1200als „Lombardus parrochianus de Snudingen“ anlässlich eines Zehentstreites mit dem Abt von Windberg, erwähnt. Das Präsentationsrecht besaß seit dem Mittelalter das Regensburger Domkapitel, seit der Säkularisation der König von Bayern und seit der Revolution 1918 der Regensburger Bischof.

Bemerkenswerte Priester

Eine Reihe von bemerkenswerten Priestern wirkten in Oberschneiding: Von 1825 bis 1836 Pfarrer Francois Billard, von 1856 bis 1859 der große Reformer der Kirchenmusik Kooperator Franz Xaver Witt und von 1859 bis 1869 der Volkskundler und Chronist des bäuerlichen Lebens Kooperator Joseph Schlicht. Einer der bekanntesten Priestergestalten Niederbayerns ist jedoch sicherlich der in Oberschneiding als „Segenspfarrer“ bekannt gewordene Franz Sales Handwercher. Im rechten Querhaus der  Oberschneidinger Pfarrkirche befindet sich das Grab von Franz Sales von Handwercher, darüber das Bronzerelief von Hans Rieser (1972), das seine Segenshand darstellt und auf sein Wirken als „Segenspriester“ verweist.

Nachdem Pfarrer Franz Sales Handwercher  1836 die vernachlässigte Pfarrei Oberschneiding übernommen hatte, richtete er sein ganzes Augenmerk auf die Seelsorge und auf den Menschen mit all seinen seelischen und leiblichen Nöten. Er forderte seine Pfarrkinder zum regelmäßigen Empfang der  Sakramente und zur Wohltätigkeit auf. 1846 erbaute er aus eigenen Mitteln ein Mädchenschulhaus in Oberschneiding und beteiligt sich tatkräftig an der Gründung der caritativ und pädagogisch tätigen Kongregation der Franziskanerinnen in Aiterhofen. Wenige Jahre später musste die Oberschneidinger Pfarrkirche erweitert werden, da fast täglich 600 Gläubige den Weg  in die Kirche fanden und jährlich 63.900 Kommunionen ausgeteilt wurden. Bereits zu Lebzeiten wurden dem charismatischen Priester besondere Heilkräfte zugestanden, weshalb von weither Kranke zu ihm kamen. Am 17. August 1853 starb Franz Sales Handwercher im Alter von 61 Jahren.

Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt

Das romanische Mauerwerk im Turm weist darauf hin, dass es bereits im Hochmittelalter eine steinerne Kirche in Oberschneiding gab. Das Gotteshaus wurde 1584 laut der steinernen Inschrift-Tafel im Turm fertiggestellt. Über die Jahrhunderte hinweg wurde die Kirche immer wieder erweitert: 1730/1738 weitgehender Neubau, 1753 Neuerrichtung des Turmobergeschosses, 1848/1850 Anbau der beiden Querhäuser und Verlängerung des Langhauses. Erst 1878/1880 wurde die Kirche nach dem Konzept des Regensburger Domvikars Georg Dengler (1839- 1896) in ein neuromanisches Gewand gehüllt. Die bisherige qualitätvolle barocke Ausstattung wurde nach Oberhaselbach bei Pfaffenberg verkauft, wo die exquisite Rokokokanzel (1768) des berühmten Meindlinger Bildschnitzers und Stuckateurs Matthias Obermeier heute noch besichtigt werden kann. Seit 1912/1914 hat die Pfarrkirche wieder eine prächtige barocke Ausstattung, die von Pfarrer Michael Daubenmerkl in Auftrag gegeben wurde. Beeindruckend sind der Hochaltar und die Querhausaltare von Georg Schreiner, die Deckengemälde und das Wandgemälde vom schwäbischem Maler Leonhard Thoma (1864 – 1921). Thoma war  einer der meistbeschäftigten Kirchenmaler seiner Zeit, dessen Werke in ganz Bayern zu besichtigen sind (Basilika Altötting). Alle Deckengemälde weisen Szenen aus der Lebensgeschichte Mariens auf, die der Kirchenbesucher mit der typischen Farbintensität den Künstlers Thoma bewundern kann.

Die 6 Filialkirchen gehören seit jeher zur Pfarrei Oberschneiding.

Die Filialkirche St. Emmeran  und Kassian in Großenpinning wurde um 1500 erbaut und ist laut Dr. Kirchinger die bemerkenswerteste Kirche des Gäubodens. Die Kirchenausstattung ist neugotisch und ignoriert nahezu gänzlich das Patrozinium St. Emmeran und Kassian. Stattdessen wird der seit dem 11. Jahrhundert  als Regensburger Bistumspatron verehrten Dionysius in das Zentrum der Wahrnehmung gerückt. In der Zwiebelkuppel befinden sich die ältesten Glocken der Pfarrei aus dem frühen 14. Jahrhundert. Bemerkenswert sind auch die monumentalen Statuen der Bauernheiligen Leonhard und Wendelin. Bekanntester Inhaber der einstigen Seelsorgestelle war der seit 1939 als Ruhestandsgeistlicher im Dorf tätige sog. „Bauernpfarrer“ Joseph Weigert (1870 – 1946), ein populärer Volksschriftsteller und Volkskundler.

Die Schlosskapelle Hienhart wurde 1737 erbaut, nachdem das Bischöfliche Konsistorium in Regensburg den frommen Schlossherren zu Hienhart den Bau genehmigt hatte. Dieses Rokokokleinod steht im Eigentum der Familie Metz. Das Patrozinium der Schlosskapelle und der Wegkapelle wurden der schmerzhaften Muttergottes gewidmet. Sehenswert sind der Rokokohochaltar, der Kreuzweg und der Bildstock der Wegkapelle.

Das reich verzierte qualitätvolle und geschlossen erhaltene frühbarocke Hochaltarensemble in der Filialkirche St. Sebastian,  Münchshöfen stammt aus dem Jahre 1629. Im Chorbogen befindet sich eine bemerkenswerte Rosenkranzmadonna, links und rechts daneben die Soldatenheiligen Florian und Sebastian.

Niederschneiding wurde erstmals im Jahr 1336 in einem St. Emmeramer Güterverzeichnis erwähnt. Wann die erste Kirch erbaut wurde, ist unbekannt. Laut einer Inschrift im Turm der Filialkirche St. Petrus, Niederschneiding, errichtete Martin Regdan die Kirche 1584 neu. Der stattliche Bau steht am Rande des Dorfes. 1908 wurde der Kirche im Rahmen der Restaurierung ihr barockes Gewand wiedergegeben. Das älteste und wertvollste Ausstellungsstück ist das Vesperbild aus Ebenholz um 1420, dass sich derzeit in den Restaurierungswerkstätten des Regensburger Diözesanmuseums befindet.

Die Kapelle St. Josef, Taiding, wurde 1829 von Josef Limbrunner erbaut und steht im Privateigentum der Familie Löw. Eine neuromanische Ausstattung schmückt seit ihrer Erbauung das Kirchlein.

1584 wurde die Filialkirche St. Ägidius, Wolferkofen erbaut. Der alte zeitgenössische Hochaltar stammt aus dem Jahr 1629, aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges.

Am Ende des Vortrags bedankte sich Dr. Kirchinger bei Pfarrer Dr. Peter Maier, bei Frau Mühlbauer, bei der Kirchenverwaltung, den Eigentümern, den Mesnern, den Sponsoren und  den Studentinnen, die eine hervorragende Arbeit geleistet hatten. „Vielleicht“ so Dr. Kirchinger „ kommt auch der eine oder andere Besucher im Rahmen des europäischen Pilgerwanderweges  „Via Nova“ nach Oberschneiding und besichtigt die einzelnen Kirchen mit ihren Kunstwerken.“

Der 32-seitige Kirchenführer der Pfarrei Oberschneiding, erschienen im Kunst-Verlag Schnell und Steiner GmbH Regensburg, liegt in der Oberschneidinger Pfarrkirche Maria Himmelfahrt am neuen Schriftenstand auf und kann für 3 € erworben werden.

Besonders sehenswert

  • Prächtige neubarocke Ausstattung in Oberschneiding
  • Grab von Franz Sales von Handwercher in Oberschneiding
  • Mittelalterliche Glocken in Großenpinning
  • Rokokokleinod Hienhart
  • Altäre aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges in Münchshöfen und Wolferkofen
  • Barocker Kirchenbau in Niederschneiding

Zeittafel

790 Erste schriftliche Erwähnung von „Snudinga“
889/891 Erwähnung einer Kirche in Großenpinning
1200 Leobardus erster bekannter Pfarrer von Schneiding
1584 Neubau der Kirchen in Ober- und Niederschneiding und Wolferkofen
1607 Errichtung des Marterls der Schmerzhaften Muttergottes in Hienhart
1629 Errichtung der Hochaltäre in Münchshöfen und Wolferkofen
1730 – 1738 Erweiterung der Pfarrkirche
1737 Erlaubnis zum Neubau der Schlosskapelle in Hienhart
1764 Erweiterung der Niederschneidinger Kirche
1829 Errichtung der Kapelle in Taiding
1836 – 1853 Franz Sales Handwercher, Pfarrer in Oberschneiding
1848 – 1850 Erweiterung der Pfarrkirche durch Handwercher
1912 – 1914 Neugestaltung der Pfarrkirche im neubarocken Stil

Der gelungen Kirchenführer „Die Kirchen der Pfarrei Oberschneiding“

Der gelungen Kirchenführer „Die Kirchen der Pfarrei Oberschneiding“

Johanna Mühlbauer, Tanja Schuhbauer, Christina Ringer, Julia Antony, Dr. Johann Kirchinger, Dr. Peter Maier, Martina Gressmann (VR-Bank Landau), Bürgermeister Ewald Seifert, Sebastian Girlinger (Sparkasse Niederbayern – Mitte)

Barocke Hochaltar der Pfarrkirche Oberschneiding

Barocke Hochaltar der Pfarrkirche Oberschneiding

Deckengemälde „Maria Hilfe der Christenheit" des Künstlers Leonhard Thoma

Deckengemälde „Maria Hilfe der Christenheit“ des Künstlers Leonhard Thoma

Dr. Peter Maier dankt Seminarleiter Dr. Johann Kirchinger

Dr. Peter Maier dankt Seminarleiter Dr. Johann Kirchinger

Die „Macher“ des neuen Oberschneidinger Kirchenführers

Die „Macher“ des neuen Oberschneidinger Kirchenführers

Seminarleiter Dr. Kirchinger mit den Seminarteilnehmerinnen

Seminarleiter Dr. Kirchinger mit den Seminarteilnehmerinnen

Innenausstattung Großenpinning

Innenausstattung Großenpinning

Fotos von Johanna Mühlbauer und Claudia Anzinger

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